Intermittierendes Fasten und Testosteron?

Erhöht intermittierendes Fasten den Testosteronhaushalt? Kurze Antwort, man weiß es noch nicht. 

In manchen Internet-Blogs und Videos wird behauptet, dass das Fasten den Testosteronspiegel erhöhen würde. Begründet wird dies oft mit einer 1989 im “European Journal of Clinical Nutrition” veröffentlichten Studie. In dieser Studie wurden Auswirkungen des “Kurzzeit”fastens (56 Stunden!) auf das Luteinisierende Hormon (LH) festgestellt.1)”Pituitary-testicular axis in obese men during short-term fasting” https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2686332

Dieses Hormon (LH) wird gemeinsam mit dem FSH (Follikelstimulierendes Hormon) durch das in der Hypophyse gebildete Hormon GnRH (Gonadoliberin – Gonadotropin-Releasing Hormon) angeregt. Bei Männern stimuliert das luteinisierende Hormon in den Hoden die Bildung von Testosteron (das zusammen mit dem follikelstimulierenden Hormon die Spermienproduktion auslöst). Bei Frauen werden durch diese Hormone Eierstöcke und Zyklus reguliert.
Nach 56 Stunden Fasten (zwei Kalendertagen) waren nach Injektion von GnRH die Werte des Luteinisierenden Hormons deutlich erhöht (bei Normalgewichtigen Männern um 67%, bei stark übergewichtigen Männern um 26%). Gleichzeitig stieg bei den normalgewichtigen Männern das Testosteron um 180%. Bei den übergewichtigen Männern, war keine Testosteronerhöhung feststellbar.

Entgegen manchen euphorischen Berichten, die zudem sogar die obige Studie selbst zitieren, jedoch völlig falsch zusammenfassen, gibt es wenige Studien zu den unmittelbaren Auswirkungen des Fastens auf den Testosteronhaushalt. Die Studie aus 1989 besagt eigentlich nichts anderes, als dass bei normalgewichtigen Männern ein üblicher Response auf einen GnRH-Test hinsichtlich LH-Erhöhung und Testosteronerhöhung zu erwarten ist, nicht aber bei übergewichtigen Männern.

Dass sich übergewichtige Männer mit dem Testosteronhaushalt schwer tun, ist ohnedies bekannt, sagt aber nichts über die unmittelbaren Auswirkungen des Fastens auf den Testosteronhaushalt aus. Das wenige wissenschaftliche Material dazu ist ernüchternd. In einer anderen Untersuchung mit Bodybuildern2)”Effects of eight weeks of time-restricted feeding (16/8) on basal metabolism, maximal strength, body composition, inflammation, and cardiovascular risk factors in resistance-trained males” https://translational-medicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12967-016-1044-0, die letztlich zum Schluss kam, dass IF (16:8) sehr viele positive Auswirkungen habe, wurde nach 8 Wochen IF eine Senkung des Testosterons festgestellt! Aber wie immer: Keine Studie ohne Gegenstudie: In einer Studie aus 2002 zum Ramadan-Fasten (eine der wahrscheinlich ältesten Formen des Intermittend Fasting) wurde an Männern eine abendliche Testosteronerhöhung festgestellt.3)Changes in Testosterone Levels During the Fasting Month of Ramadan: http://www.qscience.com/doi/pdf/10.5339/qmj.2002.2.12

Aber weil uns ja sonst langweilig wäre, gibt es auch dazu eine Gegenstudie aus dem Jahr 2015, in der keine Änderungen der Sexualhormone feststellbar waren.4)The Effect of Fasting on Erectile Function and Sexual Desire on Men in the Month of Ramadan http://www.urologyjournal.org/index.php/uj/article/view/2787/953

Längerfristig betrachtet wird Fasten sicher seine Verdienste haben. Eine Studie5)”Testosterone and type 2 diabetes in men.” https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24471529 an 991 US-Air-Force-Veteranen stellte einen Korrelation zwischen niedrigem Testosteronstatus und höherem Blutzucker fest. Davon ausgehend könnte man den Schluss ziehen, dass regelmäßiges Fasten sich insofern günstig auf den Testosteronhaushalt auswirken könnte, als durch Fasten das Typ II-Diabetes-Risiko gesenkt wird. Aber das hat keinen besonderen Neuigkeitswert. Der Zusammenhang zwischen Übergewicht und Testosteronmangel gilt wissenschaftlich als gesichert.6)https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25982085

Wenn durch intermittierendes Fasten Gewichtsabnahmen bewirkt werden, geht damit konsequenter Weise eine Testosteronerhöhung einher. Dies jedoch vermutlich nur langfristig, aufgrund der Gewichtsabnahme. Kurzfristig, also während der Kalorienrestriktion, bringt es nichts und könnte sogar den Testosteronhaushalt senken.

Quellenverzeichnis

Quellenverzeichnis
1 ”Pituitary-testicular axis in obese men during short-term fasting” https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2686332
2 ”Effects of eight weeks of time-restricted feeding (16/8) on basal metabolism, maximal strength, body composition, inflammation, and cardiovascular risk factors in resistance-trained males” https://translational-medicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12967-016-1044-0
3 Changes in Testosterone Levels During the Fasting Month of Ramadan: http://www.qscience.com/doi/pdf/10.5339/qmj.2002.2.12
4 The Effect of Fasting on Erectile Function and Sexual Desire on Men in the Month of Ramadan http://www.urologyjournal.org/index.php/uj/article/view/2787/953
5 ”Testosterone and type 2 diabetes in men.” https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24471529
6 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25982085

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